Stein.Zeit.Museum Stift Rein
Der älteste Bergbau der Steiermark
Unweit des Zisterzienserstifts Rein, auf dem sogenannten Hochfeld, wurde in den letzten Jahren eine sensationelle Entdeckung gemacht: Archäologische Grabungen, moderne Prospektionsmethoden und geowissenschaftliche Analysen des Universalmuseums Joanneum (Graz) und des Österreichischen Archäologischen Instituts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Wien) brachten den ältesten Bergbau der Steiermark ans Tageslicht.
Die Spuren dieses frühen Bergbaus sind über 6.000 Jahre alt und stammen aus der späten Jungsteinzeit (Neolithikum). Abgebaut wurde Hornstein – ein extrem hartes, gut spaltbares Silikatgestein, das für die Menschen jener Zeit von unschätzbarem Wert war. Es diente zur Herstellung von scharfkantigen Waffen und Werkzeugen – also überlebenswichtigen Alltagsgegenständen.
Vom Neandertaler bis zur Jungsteinzeit
Die Nutzung von Hornstein in der Steiermark reicht weit zurück: Bereits vor über 50.000 Jahren fertigten Neandertaler Werkzeuge aus diesem Material. Der älteste Beleg dafür stammt aus der Repolusthöhle bei Peggau – dem Fundort der ältesten von Menschen gemachten Artefakte in der Steiermark.
Während in der Altsteinzeit Hornsteine noch oberflächlich gesammelt wurden, begann der Mensch der Jungsteinzeit gezielt nach diesem „strategischen Rohstoff“ zu graben. Im sanft ansteigenden Gelände zwischen den heutigen Ortschaften Rein und Hörgas – dem sogenannten Hochfeld – entstanden vermutlich mehrere hundert Abbaugruben (Pingen).
Der hier gefundene Plattenhornstein war im Südostalpenraum ein bedeutender Rohstoff für geschlagene Steingeräte und ist in zahlreichen jungsteinzeitlichen Siedlungen in der Steiermark und in Kärnten nachgewiesen.
Techniken des frühen Bergbaus
Mit Werkzeugen aus Geweih, Knochen oder Holz legten die damaligen Bergleute bis zu fünf Meter tiefe Gruben in den gelb-grauen Lehmboden des Hochfelds an. Dort stießen sie auf mehrere Lagen weißlicher Plattenhornsteine – durchschnittlich ein bis zwei Zentimeter stark.
Bei einer archäologischen Untersuchung im Jahr 2016 wurde erstmals eine vollständig erhaltene Abbaugrube aus der Jungsteinzeit freigelegt. Der etwa 3,5 Meter tiefe Schacht mit rund zwei Metern Durchmesser zeigte an seiner Basis eine seitliche Ausbuchtung, über die der Hornstein gezielt gewonnen wurde.
In der wiederverfüllten Grube fanden sich große Mengen an Ausschussmaterial – Hornsteinplatten, Abschläge und Kernsteine, die den hohen Ansprüchen der Steinschläger nicht genügten und daher vor Ort entsorgt wurden.
1500 Jahre Bergbautradition
Radiokarbondatierungen von Holzkohlen aus mehreren Abbaugruben zeigen, dass der Hornsteinbergbau in Rein zwischen 4500 und 3000 v. Chr. betrieben wurde – eine Tradition, die sich über rund 1500 Jahre erstreckte. Diese Zeitspanne deckt sich nahezu mit der gesamten jungsteinzeitlichen Besiedlungsgeschichte der Steiermark.
Mit der Entdeckung der Reiner Abbaugruben konnte nachgewiesen werden, dass es sich um den zweiten bekannten jungsteinzeitlichen Silexbergbau Österreichs handelt. Eine vergleichbare Fundstelle befindet sich nur in Wien-Liesing (Antonshöhe), wo zeitgleich Radiolarit, eine Varietät des Hornsteins, gewonnen wurde.
Da die Wiener Fundstelle bereits 1929/30 untersucht wurde, gilt der Befund in Rein heute als einzig vollständig und modern dokumentierte neolithische Abbaugrube für Hornstein in Österreich.
Archäologisches Erbe von nationaler Bedeutung
Aufgrund der außergewöhnlichen Bedeutung wurde das vermutete Abbauareal im Jahr 2019 vom Bundesdenkmalamt unter Denkmalschutz gestellt. Zudem fand die Fundstelle Aufnahme in die Top-100-Liste der bedeutendsten archäologischen Denkmale Österreichs.
Vom Fund zur Ausstellung
Bereits 2018 widmete das Archäologiemuseum des Universalmuseums Joanneum dem Hornsteinbergbau von Rein eine Sonderausstellung.
Im neuen Stein.Zeit.Museum Stift Rein kann der Reiner Hornstein nun an seinem Ursprungsort gezeigt werden. Die Funde von Rein bieten einen faszinierenden Einblick in das Leben und die Technik der frühen Bergleute der Steiermark. Sie zeigen, wie innovativ und organisiert die Menschen der Jungsteinzeit bereits waren – und wie ein unscheinbarer Stein wie Hornstein zur Grundlage für Werkzeuge, Fortschritt und Überleben wurde.
Konzipiert wurde die Dauerausstellung von Dr. Michael Brandl vom Österreichischen Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Mag. Daniel Modl von der Abteilung Archäologie & Münzkabinett am Universalmuseum Joanneum.
Öffnungszeiten
1. April bis 6. Jänner jeweils Freitag, Samstag und Sonntag freier Eintritt von 10.00 bis 16.00 Uhr, Führungen jeweils um 15 Uhr
Gruppen ab 15 Personen ganzjährig gegen Voranmeldung unter gruppe@stift-rein.at
Führung: € 4,–, Kinder bis zum vollendeten
15. Lebensjahr gratis.
Information: +43 3124 51621
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